Eine gute Prüfung schaut hinter Zahlen und Verträge

Warum Zahlen allein beim Unternehmenskauf nicht ausreichen

Jahresabschlüsse, BWAs und Forecasts zeigen die Vergangenheit. Sie sagen wenig darüber aus, wie ein Unternehmen ohne den bisherigen Inhaber funktioniert. In vielen Betrieben sind gute Zahlen das Ergebnis permanenter persönlicher Eingriffe, nicht funktionierender Strukturen.

Käufer, die sich ausschließlich auf Zahlen verlassen, übersehen systematische Schwächen. Diese zeigen sich nicht im Berichtswesen, sondern im Alltag: bei Entscheidungen, Vertretungen, Eskalationen und im Umgang mit Kunden.

Mehr Orientierung zur übergeordneten Kaufentscheidung findest du hier: Unternehmen kaufen

Welche Bereiche Käufer vor dem Kauf prüfen müssen

Eine sinnvolle Prüfung umfasst vier Ebenen: Struktur, Prozesse, Menschen und Steuerung. Erst im Zusammenspiel zeigen sie, ob ein Unternehmen eigenständig funktioniert oder ob der Käufer nach der Übergabe selbst zur zentralen Figur wird.

Wer nur einzelne Bereiche prüft, erkennt das Gesamtbild nicht. Genau hier entstehen Fehlentscheidungen.

Struktur: Wer trägt Verantwortung, wenn der Inhaber fehlt

Prüfe, ob Verantwortlichkeiten klar definiert sind oder ob Entscheidungen informell laufen. Gibt es eine zweite Ebene, die Entscheidungen treffen darf, oder landet alles beim Inhaber?

Ein klares Organigramm allein reicht nicht. Entscheidend ist, ob Verantwortung tatsächlich gelebt wird oder nur auf dem Papier existiert.

Prozesse: Funktioniert der Betrieb ohne persönliche Eingriffe

Prozesse müssen nicht perfekt dokumentiert sein, aber sie müssen reproduzierbar funktionieren. Frage dich, ob Abläufe auch dann stabil bleiben, wenn Schlüsselpersonen ausfallen.

Unternehmen, die nur durch Erfahrung und Improvisation laufen, sind hochriskant für Käufer. Nach der Übergabe fehlt oft genau diese implizite Steuerung.

Menschen: Wissen, Loyalität und Entscheidungsfähigkeit

Prüfe, wo Wissen liegt und wie es verteilt ist. Hängt Fachwissen an einzelnen Köpfen oder ist es im Unternehmen verankert? Gibt es Mitarbeiter, die Verantwortung übernehmen wollen und dürfen?

Auch Kundenbindung ist Teil dieser Prüfung. Wenn Beziehungen ausschließlich über den Inhaber laufen, ist der Übergang besonders kritisch.

Steuerung: Wie Entscheidungen getroffen und korrigiert werden

Ein funktionierendes Unternehmen erkennt Abweichungen früh und korrigiert sie systematisch. Prüfe, ob es feste Routinen für Planung, Kontrolle und Nachsteuerung gibt oder ob alles situativ entschieden wird.

Fehlt diese Steuerung, übernimmt der Käufer unweigerlich selbst diese Rolle – mit hoher operativer Belastung.

Typische Prüfungsfehler von Käufern

Viele Käufer prüfen zu spät oder zu oberflächlich. Sie verlassen sich auf Aussagen des Verkäufers, ohne den Alltag zu beobachten. Sie prüfen Dokumente, aber nicht das Verhalten im Betrieb.

Ein häufiger Fehler ist die Annahme, Probleme ließen sich nach dem Kauf schnell lösen. In der Praxis verschärfen sie sich, wenn der bisherige Inhaber nicht mehr eingreift.

Wann ein Unternehmen aus Käufersicht wirklich kaufbar ist

Ein Unternehmen ist dann kaufbar, wenn es auch ohne den bisherigen Inhaber zuverlässig arbeitet. Entscheidungen werden getroffen, Kunden betreut, Probleme gelöst und Verantwortung getragen.

Käufer sollten nicht fragen, ob das Unternehmen heute funktioniert, sondern ob es auch unter neuen Eigentumsverhältnissen stabil bleibt.

Eine zusammenfassende Einordnung zur Kaufentscheidung findest du hier: Unternehmen kaufen